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LITERATURBLOG

Mein Schreibort und der Stoff der Träume. (4)

Letzte Nacht habe ich mich unruhig im Bett gewälzt und das Wort „Box“ geträumt und dann das Wort „Blau“, wobei ich mit der Nase in einem blauen Kissen steckte. Ich hatte das Gefühl: diese beiden Worte sind für mich bedeutungsvoll. Am Abend vorher hatte ich darüber nachgedacht, an welchem Projekt ich jetzt, da mein neuer Roman fast fertig ist, schreiben soll. Es gäbe drei Möglichkeiten: ich könnte eine Kurzgeschichte schreiben, oder zwei oder drei fast fertigen Kurzgeschichten den letzten Schliff geben. Die dritte Möglichkeit wäre: ich widme mich direkt den zwei Romanideen, die jetzt im Kopf Schlange stehen. Blue Box- blaue Schatulle, blau steht doch für Weisheit! Ich werde, so beschloss ich, einfach zu beiden Ideen Material sammeln und sehen, welches Thema mich mehr in sich hineinzieht, welches in der Blue Box schwerer wiegt. Eine neue Kurzgeschichte kann ich dann wieder in ein paar Monaten anfangen, als kleines Intermezzo, wenn ich einen Kater von meinen Romanstoffen haben sollte.

Ich bin skeptisch gegenüber weißen und leeren Umgebungen. Ich bin froh, wenn meine Umgebung mich vielfarbig anzwinkert und mich warm und freundlich einhüllt. Ich schreibe gerne im Bett, wo die Bettwäsche bei mir so farbenfroh ist, als wäre sie der Hauptgewinn in der Tombola einer Kindergeburtstagsparty. Ich richte mir zum Schreiben einen gemütlichen Sitzplatz am Kopfende meines Bettes her, so dass ich mal aufrecht im Schneidersitz throne und dann wieder fast im Liegen schreibe, worüber sich mein Rücken freut. Manchmal lege ich mir zusätzlich ein farbiges Seidentuch aus oder kleide mich in Pink, um beim Schreiben mein Unterbewusstes ein Farbbad nehmen zu lassen. Da ich ohnehin der Meinung bin, dass ich Ideen nicht „habe“, sondern sie mir aus höheren Sphären geschenkt werden, gibt es bei mir am Fenster beim Bett einen kleinen Marienaltar, auf dem ich zum Schreiben immer eine rote Kerze anzünde. Ich trete mit einer kleinen Verneigung in Verbindung mit Maria, denn sie ist meine weibliche Göttin. Ich habe sie vor einigen Jahren für mich entdeckt, als es mir nicht besonders gut ging. Ich hatte eines Abends das Gefühl, sie sitzt auf dem Sessel in meinem Schlafzimmer und wacht über mich. Heute wacht sie über mein Schreiben und wenn ich für den Tag damit fertig bin, verneige ich mich vor ihr erneut und lösche das Kerzenlicht. Sie ist die Nachfahrin von allerlei europäischen und orientalischen Göttinnen und wir Frauen brauchen weibliche Identifikationsfiguren. Bei mir sind das unter Anderem meine Oma mütterlicherseits, die ab und zu vom Himmel zu mir rüber schaut, und Maria.

Außerdem wechsele ich gern den Schreibort, schreibe auf dem Balkon, wo mich der Rhododenron kitzelt, oder im Garten. Dabei benutze ich, egal wie ruhig die Umgebung ist, Ohrstöpsel. Das legt den Schalter um auf innere Einkehr, auf Ruhe und Konzentration.

Doch die Wirkungsweite der Farben hört damit noch nicht auf. Ich klappe den Computer auf und setze mir die meisten Dokumente erst einmal in eine angenehme Lieblingsfarbe: das Königsblau, strahlend wie ein Ostseehimmel an einem wolkenfreien Tag. Die „Regieanweisungen“, also Hinweise dazu, was ich wo später im Text noch verändern will, setze ich in ein Pink-Violett und die Überschriften, Handlungszusammenfassungen und Clusterergebnisse bekommen ein herzerfrischendes Grasgrün. Wenn ich dann den Text überarbeite, setze ich Passagen oder Satzfetzen, die mir nicht gefallen ins Schwarz und denke mir neue und bessere aus, die dann wieder in Königsblau stehen. So habe ich immer einen Überblick, in welchem Überarbeitungszustand sich mein Text oder meine Szene gerade befindet.

Träume schreibe ich morgens gerne in mein Tagebuch und denke später noch ein wenig darüber nach, was sie für mich bedeuten. Etliche von ihnen haben schon Eingang in Geschichten gefunden, und sie sind für mich wie ein großer Schatz, geborgen aus meinem Unterbewussten. Ich kennzeichne sie im Tagebuch immer mit einem großen „T“ am seitlichen Rand und einem Stichwort zu ihrem Thema.

Hier kommt, wenn Du magst, ein Schreibvorschlag: Sammle in dieser Woche Deine Träume allesamt. Schreib’ sie am Besten gleich nach dem Erwachen auf, egal wie fragmentarisch sie sind! Wähle den, der Dich am meisten inspiriert und schreibe eine verrätselte oder gar absurde Geschichte!